Bitterstoffe sind in den letzten Jahren zunehmend ins Zentrum der Gesundheitsforschung gerückt. Ihre positiven Effekte auf unseren Appetit, das Körpergewicht und den Blutzucker wurden bereits in zahlreichen Studien untersucht und auch ich habe sie deshalb in meinem 1. Blogartikel dieser Serie über Bitterstoffe näher erörtert. In diesem 2. Teil möchte ich nun gerne auf die vielfach noch unbekannten Wirkungen der Bitterstoffe auf unser Immunsystem, den Blutdruck und unsere Verdauung eingehen und hoffe, es ist viel Spannendes für dich dabei!
P.S. Falls du lieber Videos anschaust, findest du das dazugehörige Video zu diesem 2. Blogbeitrag auf meinem YouTube-Kanal. Es enthält zusätzliche Grafiken und noch weitere Details.
Bitterstoffe und ihre Wirkung über Bitter-Rezeptoren
Wie bereits in Teil 1 erwähnt, zählen Bitterstoffe zu den sogenannten sekundären Pflanzeninhaltsstoffen und entfalten ihre Wirkung durch das Andocken an Bitterrezeptoren in unserem Körper. Diese Bitterrezeptoren befinden sich auf der Oberfläche unterschiedlichster Zelltypen, was die sehr gewebespezifischen Wirkungen von Bitterstoffen in unserem Körper erklärt. Genau betrachtet, kommt es durch die Interaktion der Bitterstoffe mit den Rezeptoren zu einer Kaskade von Reaktionen innerhalb der Zelle, die zur Freisetzung verschiedener Substanzen führt. Diese rufen dann wiederum unterschiedliche Effekte im Körper hervor.
Zum Beispiel kann die Freisetzung von ATP eine Erregung nachgeschalteter Nervenzellen auslösen, was im Gehirn einen bitteren Geschmackseindruck entstehen lässt. Wird hingegen das Darm-Hormon GLP-1 aus einer Darmzelle freigesetzt, kann ein Sättigungsgefühl sowie blutzuckersenkende Effekte ausgelöst und Verdauungsvorgänge angestoßen werden. Diese Mechanismen machen Bitterstoffe zu grandiosen Helfern bei der Appetitkontrolle, beim Abnehmen und in der Unterstützung der Verdauung.
Bitterrezeptoren finden sich im gesamten Körper
Es ist faszinierend, dass Bitterrezeptoren nicht nur in den Geschmackssinneszellen der Zunge und Mundschleimhaut, sondern in vielen anderen Organen gefunden wurden. Dazu gehören der gesamte Magen-Darm-Trakt, die Lunge, die Blutgefäße, das Herz, das Gehirn, die Prostata, die Ovarien, die Haut und sogar die Immunzellen. Diese breite Verteilung erklärt die vielfältigen Wirkungen der Bitterstoffe auf unterschiedliche Körpersysteme.
Unterstützung des Immunsystems
Wenn Bitterstoffe auf Immunzellen wie Mastzellen und Makrophagen treffen, können sie z.B. die Freisetzung verschiedener Entzündungs- und Immunbotenstoffe beeinflussen. Besonders an den Schleimhäuten, die die erste Verteidigungslinie unseres Körpers gegenüber der Außenwelt darstellen, entfalten Bitterstoffe diese Wirkung. Ein bemerkenswerter Effekt ist die Stimulation der Abgabe von antimikrobiellen Peptiden, die als körpereigene Antibiotika die Zusammensetzung der Darmflora deutlich beeinflussen können. Dies ist von großer Bedeutung, da unsere Darmflora einen erheblichen Einfluss auf unsere Gesundheit und insbesondere auf unser Immunsystem hat.
Auch in den Atemwegen können Bitterstoffe wirken. In den Schleimhautzellen der Bronchien veranlassen sie die Freisetzung antimikrobieller Peptide und die Produktion von Stickstoffmonoxid (NO). NO ist ein Gas und zugleich ein Botenstoff, der sowohl bakteriostatisch wirkt als auch die Bewegungen der Flimmerhärchen auf den Zellen in den Atemwegen stimuliert. Dadurch können Bakterien leichter mit dem Schleim abtransportiert und ausgeschieden werden, was besonders bei Atemwegsinfektionen ein Segen ist.
Bitterstoffe können aber auch die Bronchialmuskulatur entspannen, was sie zu einem vielversprechenden Naturheilmittel in der Therapie des allergischen Asthmas macht.
Bitterstoffe und ihre Rolle bei der Blutdruckregulation und Gefäßgesundheit
Diese entspannende Wirkung ausgelöst durch Bitterstoffe, zeigt sich übrigens auch in anderen Bereichen mit sogenannter glatter Muskulatur, wie den Blutgefäßen, dem Magen-Darm-Trakt, den Gallenwegen und der Harnblase. Durch die Entspannung der Gefäßmuskulatur und die Weitstellung der Blutgefäße kann somit der Blutdruck gesenkt werden, was besonders bei Bluthochdruck von therapeutischem Nutzen sein kann.
Die Blutdrucksenkung kommt in erster Linie durch die Aktivierung von Bitterrezeptoren auf Blutgefäßwandzellen zustande, was auch hier die Produktion von Stickstoffmonoxid (NO) zur Folge hat. NO wirkt nicht nur antibakteriell, sondern stark gefäßerweiternd und fördert so die Durchblutung und senkt den Blutdruck. Diese Effekte machen Bitterstoffe zu potenten Pflanzenstoffen in der Prävention und unterstützenden Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen wie Bluthochdruck und Arteriosklerose.
Bitterstoffe als Verdauungswunder
Eine der größten Anwendungsgebiete für Bitterstoffe ist bis heute die Verdauung. Dort lassen sich am schnellsten ihre spürbaren Effekte beobachten. So haben Bitterstoffe die wunderbare Eigenschaft, dass sie die Produktion und Abgabe von Verdauungssäften wie Magensäure, Bauchspeicheldrüsensekret und Galle fördern. Dies kommt dadurch zustande, dass sie an Bitterrezeptoren in der Magen-Darmschleimhaut binden und die Ausschüttung besagter Darmhormonen, wie CCK (Cholecystekinin), Gastrin und Sekretin bewirken. Letztere koordinieren neben der Magenentleerung auch die Abgabe von Verdauungssäften und fördern so die Fett-, Eiweiß- und Kohlenhydratverdauung.
Bitterstoffe sorgen demnach nicht nur für eine Erleichterung bei Völlegefühl, sondern vor allem für einen besseren Aufschluss der Nahrung und eine optimale Freisetzung und Aufnahme von Nährstoffen aus unserem Essen. Die Nährstoffversorgung des Körpers wird so auf natürliche Weise verbessert und Fäulnis- und Gärungsprozesse durch den Abbau von unverdauten Eiweißen, Fetten und Kohlenhydraten durch Bakterien und Pilze vorgebeugt. So kommt es weniger zu belastenden Blähungen, Krämpfen oder Breistuhl.
„Der Mensch lebt nur von dem, was er verdaut!“
Traditionell bewährte Anwendungen und moderne Wissenschaft
Die positiven Wirkungen der Bitterstoffe auf die Verdauung und das Herz-Kreislauf-System sind interessanterweise bereits seit Jahrtausenden in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) bekannt. Bitteres wird dort dem Feuerelement zugeordnet und mit den Organen Herz, Dünndarm und Verstand sowie der Farbe Rot in Verbindung gebracht. Sie werden zur Ausscheidung von überschüssigem Wasser über die Nieren und zur Stärkung des Herzens bei erhöhtem Blutdruck eingesetzt. Als Mutter des Erdelements kann Bitteres aber auch die Verdauung stärken, da die Organe Magen, Bauchspeicheldrüse und Milz dem Erdelement zugeordnet werden und durch das übergeordnete Mutter-Element genährt wird bzw. in starker Wechselbeziehung steht. Darüber hinaus werden bittere Kräuterauszüge in der TCM auch bei Übergewicht und Wasseransammlungen werden als Diuretikum verordnet.
Moderne wissenschaftliche Studien stützen mittlerweile viele dieser traditionellen Anwendungen und zeigen, dass Bitterstoffe positive Effekte auf die Herz-Kreislauf-Gesundheit haben. Bekannteste Beispiele sind die gut untersuchten Flavonoide im Kakao sowie viele andere Polyphenole, die in Hülsenfrüchten, Obst und Gemüse vorkommen und größtenteils die positiven Wirkungen einer mediterranen Ernährung erklären sollen. Auch wissen wird heute, dass Bitterstoffe die zahlreichen Bitterrezeptoren in der Nähe des Herzens aktivieren und so sowohl die Kontraktion des Herzens reduzieren als auch die Gefäße entspannen und den Blutdruck senken können.
Wie Bitterstoffe die Verdauung verbessern
Bitterstoffe können viele unterschiedliche Verdauungsprozesse optimieren und so Verdauungsbeschwerden lindern.
- Magensaft:
Im Magen sorgen Bitterstoffe für eine gesteigerte Produktion von Magensäure. Diese starke Säure ist unverzichtbar für die Aufspaltung von Proteinen und für die Abtötung von Krankheitserregern, die jederzeit mit der Nahrung in den Körper gelangen können. Eine ausreichende Menge an Magensäure verhindert somit Lebensmittelinfektionen, Nährstoffmängel sowie eine Besiedlung des Dünndarms mit Bakterien, der bei Gesunden kaum Bakterien enthalten sollte.
Auch ist eine gesunde Magensaftproduktion wichtig, um Sodbrennen zu verhindern. Der Grund: Es bedarf ausreichender Säure bzw. eines hohen Säuregrads (Säurereiz), damit sich der Muskel am Mageneingang schließt und so ein Aufsteigen der Säure in die Speisröhre verhindert werden kann.
- Bauchspeicheldrüsensekret:
Bitterstoffe fördern auch die Abgabe von Verdauungsenzymen und Bikarbonat aus der Bauchspeicheldrüse. Unter dem Einfluss des basische Bicarbonats werden die Enzyme daraufhin im Dünndarm aktiviert und so ist eine effiziente Verdauung von Fetten, Proteinen und Kohlenhydraten gewährleistet.
- Galle:
Bitterstoffe stimulieren die Gallensaftproduktion und den Abfluss der Galle aus der Gallenblase. Beides ist für die Fettverdauung und Fettabsorption essentiell, da Galle für die Emulgierung von Nahrungsfetten benötigt wird, bevor sie von den Verdauungsenzymen gespalten werden können. Da Gallensäuren in der Galle aber auch die Kontraktion der Darmmuskulatur stimulieren, sind sie ebenfalls ein wunderbares „körpereigenes Abführmittel“ und können so Verstopfung vorbeugen oder auflösen.
Einfluss auf die Darmflora
Die Darmflora, heute auch als Mikrobiota bezeichnet, besteht aus Billionen von Mikroorganismen und spielt eine zentrale Rolle für unsere Gesundheit, weil unsere Darmbakterien mit vielen Organen unseres Körpers in Wechselwirkung gehen. Man spricht nicht ohne Grund von Darm-Hirn-Achse, Darm-Leber-Achse oder Darm-Haut-Achse. Bitterstoffe sind interessanterweise in der Lage die Zusammensetzung unserer Darmflora über verschiedene Mechanismen deutlich und positiv zu beeinflussen:
- Förderung nützlicher Bakterien:
Bitterstoffe unterstützen das Wachstum und die Vielfalt gesundheitsrelevanter Darmbakterien, indem sie ihnen als Nahrung dienen. Sie werden deshalb auch als Mikroballaststoffe bezeichnet. Akkermansia muciniphila, ein Schlüsselbakterium der menschlichen Darmflora, profitiert dabei besonders, ebenso wie viele nützliche Milchsäure- und Bifidobakterien. Dies hilft, das Gleichgewicht der Darmflora zu wahren und Verdauungsprobleme und Schäden an der Schleimhaut zu vermeiden.
- Stimulation der Produktion kurzkettiger Fettsäuren:
Nützliche Darmbakterien produzieren die wichtigen kurzkettigen Fettsäuren (SCFAs) wie Butyrat, Acetat und Propionat, wenn sie Ballaststoffe und Bitterstoffe fermentieren bzw. abbauen. Diese SCFAs haben vielfältige positive Effekte auf die Darmgesundheit, darunter die Stärkung der Darmbarriere/ Darmschleimhaut und die Reduzierung von Entzündungen und „Leaky gut“ (s.u).
- Unterdrückung pathogener Bakterien:
Durch die Förderung eines sauren Milieus im Darm durch die Anzucht gesunder Bakterien und ihre antimikrobiellen Eigenschaften können Bitterstoffe auch das Wachstum schädlicher Bakterien und Hefen eindämmen. Die antimikrobielle Wirkung der Bitterstoffe kommt dabei u.a. dadurch zustande, dass sie die Bildung von sogenannten Bio-Filmen im Darm sowie im Mundraum erschweren. Biofilme sind organisierte und in einer Matrix aus Schleim lebende Bakteriengemeinschaften. Bestehen diese Biofilme aus ungesunden Keimen, sind sie eine Belastung für unseren Körper und können uns sehr krank machen.
Unterstützung der Darmschleimhaut und Barrierefunktion
Die Darmschleimhaut spielt ebenfalls eine zentrale Rolle im Verdauungsprozess. Sie produziert nicht nur wichtige Verdauungsenzyme, sondern schützt uns auch vor einem „Leaky gut“ bzw. dem unphysiologisch hohen Eindringen von Darmbakterien, Krankheitserregern und anderen potentiell schädlichen Substanzen, die von außen in den Darm gelangen oder im Darm selbst gebildet werden (z.B. Fäulnisgifte, Schwermetalle, Histamin, Fuselalkohole).
Bitterstoffe tragen zur Gesundheit der Darmschleimhaut bei, indem sie verschiedene Mechanismen unterstützen:
- Schleimproduktion: Bitterstoffe können die Schleimproduktion in der Darmschleimhaut anregen. Dieser Schleim bildet eine Schutzschicht, die die Darmwand vor mechanischen und chemischen Schäden schützt und das Gleiten des Nahrungsbreis erleichtern kann.
- Regeneration der Darmschleimhaut: Bitterstoffe fördern die Regeneration und Heilung der Darmschleimhaut. Dies ist besonders wichtig nach Entzündungen oder Verletzungen, um die Integrität der Darmbarriere wiederherzustellen und die Enzymproduktion und die Aufnahme von Nährstoffen zu gewährleisten.
- Entzündungshemmende Effekte: Viele Bitterstoffe haben entzündungshemmende und zusammenziehende (adstringierende) Eigenschaften. Diese können helfen, Entzündungsprozesse in der Darmschleimhaut zu reduzieren und so zur schnellen Heilung und Gesunderhaltung des Darms beizutragen.
- Verbesserung der Darmflora: Bitterstoffe, allen voran Polyphenole, sorgen für eine größere Bakterienvielfalt im Darm und fördern insbesondere das Wachstum derjenigen Bakterien, die kurzkettige Fettsäuren (SCFAs) wie Butyrat, Acetat und Propionat bilden. Letztere dienen den Schleimhautzellen als Energiesubstrat und sorgen dafür, dass die Schleimhaut sich permanent erneuern kann, was sie aufgrund ihrer mechanischen Belastung durch die Nahrung permanent muss.
Fazit:
Bitterstoffe sind wahre Multitalente. Durch die regelmäßige Aufnahme kannst du nicht nur Verdauungsprozesse optimieren, die Nährstoffaufnahme verbessern und Verdauungsbeschwerden lindern. Auch kannst du durch die Aufnahme von Bitterstoffen die Zusammensetzung deiner Darmflora positiv beeinflussen, deine Darmschleimhaut, dein Immunsystem und die Gesundheit deiner Blutgefäße stärken.
Damit aber noch lange nicht genug! Im 3. Und nächsten Beitrag dieser Serie werden wir uns näher anschauen, wie Bitterstoffe auch deine Leber und sogar wichtige körpereigene Entgiftungsprozesse im Körper unterstützen können. Auch werde ich spannende Wechselwirkungen zwischen Bitterstoffen und verschiedenen Arten von Fettgewebe in unserem Körper erläutern und zeigen, wie Mitochondrien, die Orte der Energiegewinnung und Fettverbrennung, auf Bitterstoffe reagieren.
Drum bleib‘ gespannt und ich hoffe, wir sehen uns wieder im 3. Teil!
Quellen

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