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Warum Mittagessen müde machen kann und wie Sie Mittagstiefs entgegenwirken können

Warum Mittagessen müde machen kann und wie Sie Mittagstiefs entgegenwirken können

Anna Major Mrz 3, 2016 0 3924

 

Mittagessen – und danach ist der Tag gelaufen?

spektrum.net – iStock / Dmytro Tokar

spektrum.net – iStock / Dmytro Tokar

Wer hat das nicht schon einmal erlebt oder erlebt es sogar immer wieder? Nach dem Mittagessen wird man gemütlich, wenn nicht sogar hundemüde. Zu einem kleinen Verdauungsschlaf würde man nicht nein sagen. Aber bei einem fest eingespannten Arbeitsalltag wird dies wohl kein Chef dulden. Deshalb putschen sich die meisten dann mit Kaffee, um den Rest des Tages einigermaßen leistungsfähig zu überstehen.

Liegt das an der zu großen Menge oder Schwere der Mahlzeit, dem Fleisch oder Fett? Möglich. Aber wenn man auch bei vermeintlich leichter Kost trotzdem ein Mittagstief verspürt, sollte man von dem Begriff „second-meal-effect“ gehört haben, was zu Deutsch heißt „der Effekt auf die zweite Mahlzeit“.

Der second-meal-effect

Hättest Du gedacht, dass die Mahlzeit vor Deiner jetzigen Mahlzeit eine Rolle spielt, wie Du diese verarbeitest und verdaust? Sich Dein Frühstück nicht nur auf Dein Mittagessen auswirkt, sondern sogar das Abendessen auf die Reaktion Deines Frühstücks? Dieser Effekt zeigt sich insbesondere in der Verdauung von Kohlenhydraten, die zu Zucker abgebaut werden und damit unseren Blutzucker beeinflussen.

In welcher Weise kohlenhydratreiche Lebensmittel unseren Blutzucker in die Höhe treiben lassen, wird seit den 1980er Jahren gerne anhand des Glykämischen Index (kurz GI) gemessen. Dazu ein kurzer Exkurs: Jedes Lebensmittel hat einen spezifischen GI und je höher dieser ausfällt, desto stärker steigt unser Blutzucker bezogen auf den Verzehr von 50 g Kohlenhydraten, die in diesem Lebensmittel stecken. Den höchsten GI weist Zucker auf. Weißmehl, weißer Reis und Kartoffeln haben ebenfalls einen hohen GI, ebenso Obst. Allerdings sind die Portionsgrößen bei Obst im Normalfall nicht so hoch, sodass man mit einer Portion üblicherweise nicht auf 50g Kohlenhydrate aus diesem kommt.

Die damit zu Glucose verdauten Kohlenhydrate müssen aus dem Blut nun in die Zellen gelangen. Dazu wird das Hormon Insulin von unserer Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet und der Blutzuckerspiegel fällt wieder auf seinen normalen Wert ab. Wenn wir nun Lebensmittel essen, die unseren Blutzucker sehr schnell und sehr stark in die Höhe schießen lassen, wird in kurzer Zeit sehr viel Insulin ausgeschüttet. Allerdings verkalkuliert sich in solchen Fällen von hoher Zuckerbelastung unsere Bauchspeicheldrüse und schüttet mehr Insulin aus, als nötig wäre. Dadurch sorgt Insulin dafür, dass übermäßig viel Zucker aus dem Blut in die Zellen befördert wird, bevor das überschüssige Insulin durch andere Regulationsmechanismen wieder abgebaut werden kann. Die Folge ist, dass unser Blutzucker rasch und teilweise unter den Normalwert von etwa 80 mg/dl abfällt, was für unseren Körper Stress bedeutet. Dieser reagiert darauf mit Müdigkeit und/oder Hunger, wenn nicht sogar Heißhunger und dann besonders auf Süßigkeiten, damit der Blutzucker wieder schnell normalisiert werden kann. Geht man diesen Gelüsten nach, kann daraus ein Teufelskreis entstehen – eine Blutzuckerachterbahn.

Was hat dies nun damit zu tun, welche Mahlzeit wir als nächstes essen, oder noch wichtiger: Welche Mahlzeit wir zuvor gegessen haben? Die Menge an Kohlenhydraten bzw. Fett in der vorangegangenen Mahlzeit beeinflusst unsere Blutzuckerreaktion nach der nächsten Mahlzeit. Bestand die letzte Mahlzeit aus wenig Kohlenhydraten, dafür aber reichlich Fett und Eiweiß, fällt der Glucoseanstieg im Blut bei der nächsten (kohlenhydratreichen) Mahlzeit geringer aus als bei einer vorangegangenen Mahlzeit mit gleichem Kaloriengehalt, aber vielen Kohlenhydraten und wenig Fett. Die Insulinausschüttung ist in dem Fall geringer, so als hätte man Lebensmittel mit einem niedrigeren GI gegessen.

(2012)

(2012)

Der Effekt kann mit der obigen Grafik aus einer Studie von Fletcher et al. verdeutlicht werden. Auf der linken Seite ist der Blutzuckeranstieg nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit (Dreiecke) und nach einer Mahlzeit mit wenigen Kohlenhydraten (Quadrate) im zeitlichen Verlauf aufgetragen. Daraufhin wurde jeweils die Blutzuckerreaktion auf eine standardisierte zweite Mahlzeit (rechte Grafik) gemessen. Es fällt auf, dass der Blutzuckeranstieg nach der zweiten Mahlzeit mit der vorhergehenden kohlenhydratarmen Mahlzeit geringer ausfällt als mit der kohlenhydratreichen Mahlzeit. Der Blutzuckeranstieg im letzteren Fall ist sogar geringfügig höher als bei der ersten kohlenhydratreichen Mahlzeit.

Die Ursache des second-meal Effekts liegt darin, dass unser Körper sehr flexibel ist und mehr oder weniger immer auf Fastenperioden (wenn auch nur kleine von wenigen Stunden) eingestellt ist. Es wird nicht die komplette Mahlzeit nach der Magenentleerung und weiteren Aufspaltung im Darm sofort verwertet, sondern ein gewisser Anteil des Nahrungsfettes wird in den Darmzellen zwischengespeichert und erst bei der nächsten Nahrungsaufnahme wieder freigesetzt. Der Körper weiß dann, dass Nachschub kommt und die Reserven können nun abtransportiert werden. Dieses zwischengespeicherte Fett bremst nun die Glucoseaufnahme und die Blutzuckerreaktion fällt niedriger aus – ähnlich wie der GI der Kohlenhydrate gemindert wird, wenn eine Mahlzeit mit langsamer verdaulichen Fetten, Eiweiß und Ballaststoffen zubereitet wird.

Interessant ist bei einer kohlenhydratreichen vorangegangenen Mahlzeit, dass der Effekt sich nicht ändert, wenn jene Mahlzeit viele oder wenige Ballaststoffe enthielt, zumal Ballaststoffe ebenfalls den Blutzuckeranstieg vermindern und verzögern. Es ist die absolute Menge von Fett und Kohlenhydraten, die dabei die Rolle spielen.

Kurz zusammengefasst: Wenn die letzte Mahlzeit aus wenig Kohlenhydraten, aber dafür viel Fett (und Eiweiß) bestand, werden Sie bei der nächsten Mahlzeit, auch wenn diese viele Kohlenhydrate enthält, einen stabileren Blutzucker, d. h. einen geringeren Blutzuckeranstieg, beobachten.

Was Frühstücken, um lange satt und nach dem Mittagessen fit zu bleiben?

kigges.net

natuerlich-essen.net

Wenn Du Mittagstiefs entgegenwirken möchtest, solltest Du Dir also am besten ein Frühstück zubereiten, das aus reichlich Fett und auch Eiweiß besteht. Damit fällt das Marmeladenbrötchen oder zuckerreiches Müsli weg, sogar ein ballaststoffreiches warmes Porridge aus Haferflocken, das zwar lange satt halten kann, aber trotzdem aus reichlich Kohlenhydraten besteht, ist zumindest diesbezüglich nicht sehr empfehlenswert. Ein Frühstück im amerikanischen Stil à la baked beans, bacon & eggs wäre zum Beispiel eine Option, solange Du das Toast weglässt, dafür aber zum Beispiel ein bisschen frisches Gemüse isst. Wer nach einer veganen Variante sucht, kann sich ein Tofurührei mit Gemüse und reichlich Öl bzw. Sojasahne zubereiten. Auch eine Avocado mit Gemüse und Nüssen wäre eine leckere blutzuckerstabilisierende Option. Die Kombination aus Fett und Eiweiß hält zudem auch noch lange satt und hat den beschriebenen positiven Einfluss auf die nächste Mahlzeit, in dem Fall das Mittagessen. Wenn Du zu Mittag nun auch noch solche Kohlenhydrate mit einem nicht ganz so hohen GI bevorzugst, z.B. Vollkornreis, Vollkornnudeln, Buchweizen oder Quinoa, solltest Du gestärkt auch noch die zweite Tageshälfte meistern – ohne Müdigkeitserscheinungen und Heißhunger.

Ist gar nichts Frühstücken eine Alternative?

Bist Du vielleicht der Typ, der morgens eigentlich nur seinen Kaffee oder Tee trinkt und sonst nichts frühstücken mag? Dies ist prinzipiell kein Problem, solange die letzte Mahlzeit, also hier das Abendessen am Vortag, kohlenhydratarm war. Allerdings solltest Du Deinen Körper genau beobachten. Manche Menschen entwickeln im Tagesverlauf einen großen Appetit, wenn sie nicht gefrühstückt haben, und neigen dazu, sich bei der nächsten Mahlzeit zu überessen. Wenn der Magen überfüllt ist, dann hilft auch der second-meal-effect nicht viel gegen die zwangsläufig einsetzende Müdigkeit. 🙂

 

Literatur

[1] D. Strohm: Glykämischer Index und glykämische Last – ein für die Ernährungspraxis des Gesunden relevantes Konzept?
Wissenschaftliche Stellungnahme der DGE, Ernährung Umschau 1 (2013)

[2] T.M. Wolever et al.: Second-meal effect: low glycemic-index foods eaten at dinner improve subsequent breakfast glycemic response
American Journal of Clinical Nutrition 48, no. 4 (1988)

[3] D.G. Schlundt et al.: The role of breakfast in the treatment of obesity: a randomized clinical trial
American Journal of Clinical Nutrition 55, no. 3 (1992)

[4] J.A. Fletcher et al.: The Second Meal Effect and Its Influence on Glycemia
Journal of Nutritional Disorders & Therapy 2, no. 1 (2012)

Anna Major

Anna Major

Anna Major, geb. 25.11.1988, studierte an der Georg-August-Universität in Göttingen Physik und schloss dieses 2015 mit dem Master of Science ab. An der Carrots & Coffee Akademie erlang sie die Zertifikate Ganzheitliche Ernährungstrainerin (2015) sowie Ganzheitliche Ernährungstherapeutin (2016) unter der Leitung von Nadia Beyer.

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